Alle Beiträge von PhilipMeyer

Grundschullehrer für einen halben Tag

Eine schöne Abwechslung zu dem, was ich sonst so tue, war mein Besuch in der Tübinger Grundschule Wanne. Alle Kids waren interessiert dabei, als es darum ging, wie man Tablets – in diesem Fall iPads – in der Grundschule zum Lernen einsetzen kann. Zustande gekommen war die Exkursion über die Forschungsbörse des Wissenschaftsjahres, über die die Klassenlehrerin auf mich und das IWM aufmerksam wurde.
Die Eltern und Kinder haben einer Veröffentlichung der Fotos zugestimmt. Sie können auf Facebook angesehen werden.

Rezension "Critical Learning in Digital Networks"

9783319137513r e-teaching.org habe ich im letzten Newsletter (Ausgabe 37) eine Rezension für das Buch „Critical Learning in Digital Networks“ verfasst. Jetzt auch hier im Blog nochmal der Wortlaut.
Jandrić, Petar, & Boras, Damir (2015). Critical Learning in Digital Networks. Cham: Springer.
Seit den 1960er Jahren entwickelte sich die Kritische Erziehungswissenschaft – in Abgrenzung zur geisteswissenschaftlichen oder auch zur empirischen Pädagogik – als didaktische Interpretation der Kritischen Theorie, die emanzipatorische gesellschaftliche Mitgestaltung durch Bildung anstrebt. Eine Gruppe europäischer und US-amerikanischer Wissenschaftler/innen hat sich jetzt in einem Sammelband der Frage angenommen, welche Bezüge es zwischen Kritischer Pädagogik und E-Learning bzw. speziell dem Lernen in Netzwerken gibt. Zahlreiche disziplinäre Zugänge sind im Buch vertreten, neben Pädagogik und Didaktik u.a. Architektur, Kunstgeschichte, Philosophie und Informatik.
In der europäischen E-Learning-Forschung hat der Begriff “Technology-Enhanced Learning”, der bei genauem Hinsehen ein a priori „verbessertes“ Lernen durch Medien impliziert, den Ausdruck „E-Learning“ in den vergangenen Jahren immer mehr abgelöst, nicht zuletzt durch groß angelegte EU-Förderlinien. Im Buch wird u.a. anhand empirischer Befunde aufgezeigt, dass in politischen Dokumenten sprachlich nicht selten eine deterministische und desubjektivierende Bezugsetzung zwischen Technologie und Lernen vorgenommen wird. Die soziale Interaktion zwischen Lernenden und Lehrenden kommt – so die Wahrnehmung der Autor/innen im Buch – tendenziell zu kurz, wenn ein rein instrumentalistischer Einsatz von Technologie zur Optimierung von Lernprozessen angestrebt wird. Den Begriff des „vernetzten Lernens“ schlagen sie als Alternative vor, um intersubjektive Aspekte des modernen Lernens mit digitalen Medien wieder stärker in den Vordergrund zu rücken und Zielsetzungen des E-Learnings zu hinterfragen. Die insgesamt zehn Artikel zeigen Wege auf, um eine von der Kritischen Pädagogik inspirierte Bildung mit digitalen Medien umsetzen zu können. Sie befassen sich dabei z.B. mit den Übergängen zwischen virtuellen und real existierenden Orten und mit Fragen des freien Zugangs zu Bildungsressourcen im Internet.
Während das Buch im ersten Teil vorwiegend mit definitorischen und philosophischen Fragen beschäftigt, wird es in den mittleren Kapiteln auch direkt praktisch relevant. So analysieren Sinclair und Macleod Online-Dialoge zwischen Lehrenden und Lernenden im Fernstudiengang „Digital Education“ der Universität Edinburgh in Bezug auf das Verständnis, welches die Beteiligten von Virtualität und Realität entwickeln. Newton und Pak zeigen anhand von Beispielen aus dem Architekturstudium, wie reale und virtuelle Orte beim designorientierten vernetzten Lernen eng miteinander in Bezug stehen. Avramidis und Drakopoulou setzen sich mit informellem vernetzten Lernen am Beispiel der Graffiti-Subkultur auseinander, bei dem kommunikative und pädagogische Praktiken zunehmend technologievermittelt stattfinden. Jaakola schließlich formuliert Anhaltspunkte für die Entwicklung eines Modells zur Unterstützung kritischer Reflexion bei Lehrenden, die mit ihren Studierenden vernetzt lernen möchten. Den Abschluss bildet ein ausführliches Interview mit dem US-amerikanischen Bildungssoziologen Peter McLaren, einem der aktuell wohl bekanntesten internationalen Vertreter der Kritischen Pädagogik. Im Interview wird das aktuelle Begriffsverständnis von „vernetztem Lernen“ im Kontext zwischen marktwirtschaftlichen, persönlichen und staatlichen Informationsinteressen reflektiert.
Zusammenfassend kann das Buch vor allen Dingen denjenigen empfohlen werden, die E-Learning-Szenarien umsetzen möchten, die eine aktive und kritische Mitgestaltung durch die Lernenden einfordern, wobei ein Interesse an erziehungswissenschaftlichen Fragestellungen – trotz augenscheinlicher Interdisziplinarität – vorhanden sein sollte, da Vorwissen in Bezug auf die Kritische Pädagogik an einigen Stellen vorausgesetzt wird.
 

Tagungsbericht: Medienpädagogik-Herbsttagung

Inhaltlich ließ das Tagungsmotto „Digital und vernetzt, Lernen heute” viel Spielraum, der auch genutzt wurde. Während der Donnerstag im Zeichen der Theoriebeiträge stand, versprach der Freitag empirische Beiträge, überwiegend aus dem schulischen und hochschulischen Kontext (übrigens mit vielen Projekten zu mobilem Lernen).
Stärker als bei der diesjährigen GMW-Tagung, die sich mit „Lernräumen” befasste, wurde die Leitmetapher des „Raumes” auch kritisch diskutiert, da sie zu der Vorstellung einer dichotomen Trennung zwischen On- und Offlinewelt verleite, die vielen Entwicklungsprojekten seit den 1990er Jahren zugrunde lag (und dem populären Verständnis eines Raumes entsprach, den man in Beckerscher Manier bewusst betritt). Heute jedoch könne diese Trennung, so wurde argumentiert, kaum noch aufrechterhalten werden. Mehrfach wurde für eine ökologisch-systemtheoretische Betrachtungsweise des Umgangs mit Medien plädiert, und der Begriff des „Kontexts” (bzw. auch mit C: „Context”) wurde ins Spiel gebracht. Da die sozialen Kontexte, in denen sich Menschen bewegen, individuell sehr verschieden seien, schrieben AutorInnen der Subjektzentrierung vortragsübergreifend eine hohe Bedeutung zu. Deutlich wurde unter anderem, dass die internationale Diskussion um „Personal Learning Environments” (PLE), die im Prinzip einer entsprechenden subjektzentrierten Sichtweise entspringt, im deutschen erziehungswissenschaftlichen Diskurs als eher technikgetrieben wahrgenommen wird. Insgesamt wurden Medien auf der Tagung häufig als „Ressource” interpretiert, die sich Lernende zunutze machen, um soziale Kontexte zu schaffen bzw. um dort zu partizipieren. Auch hier waren sich mehrere AutorInnen einig: Die produktiv-partizipative Auseinandersetzung mit Medienrealitäten ist eine Herausforderung, vor der Pädagogik und Didaktik in Zukunft verstärkt stehen werden.
Insgesamt war sie ein gelungenes „Abschiedsgeschenk”, diese Herbsttagung der DGfE, die unter dem Zeichen des Wechsels von Prof. Dr. Kerstin Mayrberger von Augsburg nach Hamburg stand. Das ist nicht zuletzt der konsequenten Organisation unter der koordinativen Leitung von Dr. Hanna Dürnberger zu verdanken. Auch die Beteiligung der wissenschaftlichen Community war dieses Mal überdurchschnittlich hoch, sodass viele ansprechende Vorträge ausgewählt werden konnten. Die 100 Plätze der Tagung waren demzufolge sehr schnell ausverkauft und das „Who-ist-Who” der deutschsprachigen Medienpädagogik und -didaktik meldete sich in Vorträgen und Fragerunden zu Wort. Dem informellen Austausch und den Nachfragen im Anschluss an die Vorträge war von der Tagungsleitung viel Raum eingeräumt worden. Fast immer kam es zu einer „zweiten Fragerunde”, die dann eine noch offenere und kritische Diskussion beförderte. Die zwei Postersessions (incl. DoktorandInnenforum) ermöglichten es, viele Projekte und Vorhaben zu integrieren, ohne die Tagung zu überfrachten. Die Neue Stadtbücherei Augsburg erwies sich als guter Gastgeber. Der helle und moderne, teilbare (!) Raum beförderte eine positive Atmosphäre. Negativ fiel lediglich auf, dass kein WLAN zur Verfügung stand und der Platz im Vorraum für die Pausen sehr knapp bemessen war.
Die Abstracts aller Beiträge stehen übrigens im Netz zum Download zur Verfügung. Dieser Tagungsbericht wurde auch auf www.e-teaching.org veröffentlicht.

Neuerscheinung: Inverted-Classroom-Buch

DownloadIn meinem Artikel für das neue Buch von Eva-Marie Großkurth und Jürgen Handke beschreibe ich in Form eines Erfahrungsberichts den Einsatz digitaler Medien in der projektorientierten Lehre und speziell im Service Learning. Das Buch kann beim De Gruyter Verlag bestellt werden bzw. über Amazon.
Meyer, P. (2014). Blending Service Learning and E-Learning Elements in Higher Education: Experiences with a Variation on the Inverted Classroom Model. In: E.-M. Großkurth & J. Handke (Hrsg.), The Inverted Classroom Model: Proceedings of the 3rd conference on the Inverted Classroom Model . Berlin: De Gruyter

e-teaching.org-Newsletter und grafische Arbeiten

newsletter2Vor einigen Wochen habe ich hier im Blog auch mein berufliches Projekt „e-teaching.org im Kontext sozialer Netzwerke“ vorgestellt, für das ich seit März arbeite. Im aktuellen e-teaching.org-Newsletter (Nr. 36) sind anderthalb Seiten den Ergebnissen der jüngsten Studien gewidmet. Der Newsletter kann hier herunter geladen werden. Was grafische Arbeiten angeht, habe ich in letzter Zeit u.a. die neue Themenspecial-Postkarte, eine Visualisierung des „Advanced Co-Evolution Models“ (noch nicht veröffentlicht, zum Modell siehe Artikel von meinen Kolleg/inn/en: Kimmerle, Moskaliuk & Cress, 2011) und einen kleinen Comic (letzte Seite des Newsletters) gestaltet. Viel meiner Tätigkeit besteht im Moment auch in der Koordination dessen, was wir im e-teaching.org-Blog und auf Twitter schreiben.
Noch ein Hinweis in anderer Sache: Für eine Studie im Rahmen meiner Dissertation suche ich momentan Service-Learning-Expert/inn/en, die digitale Medien in ihrer Lehre einsetzen. Diejenigen Personen, die mir spontan in den Sinn kommen, werde ich in nächster Zeit natürlich auch anderweitig ansprechen. Trotzdem: wer das liest und sich angesprochen fühlt: bitte gerne bei mir melden.

Das Missverständnis mit den Blogs

Der folgende Kommentar bezieht sich auf den Konferenzbeitrag „Dokumentations- und Austauschräume: Der Einsatz von Blogs in der berufspraktischen Ausbildung von Lehrpersonen“ von Alexandra Totter und Thomas Hermann (PH Zürich) auf der #GMW14.
Ich finde, dass Blogs bzw. auch Tagebücher ein sehr gutes Instrument zur Reflexionsförderung in projektorientierten Lernsettings sind. Allerdings finde ich es auch interessant, das „Blogging“ teilweise in Lehrveranstaltungen eingesetzt wird und man sich dann wundert, dass nicht bzw. nicht mehr als gefordert kommentiert wird und man auf Widerstand stößt. Studierende werden zum Verfassen von x Beiträgen und x Kommentaren verpflichtet, teilweise, wie heute gehört werden sogar 4 Beiträge pro Woche erwartet. Dass eine derart forcierte Reflexion keine Freude macht, ist doch selbstverständlich. Ich denke auch es geht hier gar nicht wirklich um „Blogging“. Blogs sind öffentlich, selbstmotiviert und liefern den Lesern einen Mehrwert. Studentische Reflexionen hingegen dienen der Selbstbeobachtung, sie sind geschützt und für Kommilitonen meist nicht von Interesse. Als Online-Tagebücher machen sie dem Lerndenen bewusst und dem Lehrenden transparent, was gelernt wurde. Das ist ihr Zweck und den erfüllen sie gut. Reflexionsförderung ist das Stichwort, die so genannte personale Kompetenz, um es nach Erpenbeck & Heyse zu sagen. Für die soziale Kompetenz, den „Austausch“ gibt es geeignetere Orte, seinen das Online-Foren oder Räume am Campus und in der Stadt.

Erste Ergebnisse im Social-Media-Projekt

strategieLangsam aber sicher gibt es erste vorzeigbare Ergebnisse aus meinem Projekt „e-teaching.org im Kon­text sozialer Netzwerke“ (oder wenn man mag kurz: „EIKSN“), für das ich seit dem Frühjahr arbeite. Das Projekt, welches von den Ländern Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen finanziert wird, möchte das Social Media Marketing des Informationsportals e-teaching.org verbessern. Im Sommer standen zunächst soziale Netzwerkanalysen (SNA) und eine Sekundärdatenanalyse zum COER13 an und erst kürzlich haben wir eine Online-Umfrage unter den Abonnenten unseres Portals durchgeführt, um die mehr über die Nutzungsgewohnheiten in Bezug auf soziale Netzwerke zu erfahren. Die Ergebnisse werden momentan noch ausgewertet und fließen dann in eine Social Media Strategie ein, die wir bis Ende September zusammen mit den Kolleginnen und Kollegen in der Portalredaktion verabschieden werden. Eckpunkte der Strategie stelle ich Anfang Herbst auch hier im Blog und an offizieller Stelle vor. Es sei soviel verraten, dass wir gerade vor allem Facebook und Xing unter die Lupe nehmen, um zu schauen, wie e-teaching.org dort zukünftig aktiv werden kann. Nächste Woche geht es jetzt allerdings erst einmal auf die GMW-Jahrestagung nach Zürich, wo ich mich darauf freue, endlich die Personen kennenzulernen, die ich tagtäglich auf Twitter „sehe“.
PS: Neulich habe ich außerdem eine Rezension zum Buch „Patient Hochschullehre – Vorschläge für eine zeitgemäße Lehre im 21. Jahrhundert“ von Jürgen Handke verfasst, die online abgerufen werden kann.
PPS: Hier noch ein paar unkommentierte Bilder (CC BY-SA 3.0 DE) aus der Twitter-SNA:
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Vom Lech an den Neckar

Nachdem ich mittlerweile sehr gut in Tübingen angekommen bin und auch die neue Wohnung in Stuttgart einigermaßen steht, habe ich heute endlich ein wenig Ruhe, um auf die Veränderungen der letzten Mona­te zurückzublicken. Ich habe die Zeit in Augs­burg sehr genossen, seit Beginn meines Studiums waren das immerhin acht schöne Jahre in Bayrisch-Schwaben, wenn man meinen „Ausflug” nach England mal außen vor lässt. Aber wie das so ist, wenn manche Dinge sich zu sehr routinieren: man sucht nach neuen Herausforderungen und da kam mir die Stellenausschreibung aus Tübingen gerade recht.  Als „akklimatisierter Schwabe” ist die Sprach- und Kulturbarriere für meine bayrische Seele jetzt auch relativ leicht zu meistern, weshalb dem Zug gen Westen nichts entgegenstand.

Hier am Leibniz-Institut für Wissensmedien in Tübingen sehe ich die Chance, mich wieder verstärkt dem E-Learning zu widmen und mich über mein eigenes Forschungs- und Entwicklungsprojekt „e-teaching.org im Kontext sozialer Netzwerke” zu verwirklichen und auch dem Bereich Social Media wieder anzunähern. Die Lehre mit Non-Profit-Einrichtungen war für mich ein interessanter Exkurs in eine sozialpädagogisch angehauchte Medien­pädagogik, aber auch mehr als das: nach wie vor halte ich die praktische Relevanz von Lehre und auch den persönlichen Kontakt zwischen Lehrenden, Lernenden und gesellschaftlichen Gruppen außerhalb der Hochschule für zentral, ungeachtet aller Chancen der Digitalisierung. Zwar mache ich momentan keine Lehre (wer weiß was die Zukunft bringt), aber dem „Blended Learning” Ansatz – und der Universität Augsburg über mein Promotionsvorhaben – werde ich wohl verbunden bleiben. Ebenso wie dem FC Augsburg, der es dank Sky auch in mein neues Heim geschafft hat ;-).